Als wir nach der verregneten Nacht in San Sebastian aufstanden, sah das Wetter etwa gleich aus wie am Abend. Keiner von uns hatte richtig Lust auf ein Frühstück hier draussen auf der Wiese, da der Himmel den Anschein machte gleich wieder etwas Regen fallen zu lassen. So packten Gaby und ich unser Hab und Gut so schnell wie es nur ging zusammen und wollten das Frühstück neben der Tankstelle in dem Hotel des hiesig ansässigen Automobilclubs.
Das Essen war einfach. Es bestand aus einer Butter, zwei Scheiben Toastbrot, eine kleine Marmelade und einer heissen Schokolade oder Kaffees. Gaby wollte unbedingt ein Glas Orangensaft, dass es aber nicht zu kaufen gab, nur ein Liter wurde uns angeboten. Also kauften wir den Liter Orangensaft und ich durfte ihn leer machen, da die Dame ja nur ein Glas wollte. Frisch gestärkt ging es wieder raus auf die Motorräder.
Die Fahrt ans Ende der Welt ist schnell erzählt. Es waren nur 293km für die wir geschlagene fünf Stunden brauchten und dies nur weil der Westwind so stark blies und konstant ein Nieselregen mit vielen tiefen grauen Wolken die Sicht uns genommen hatte. Zu den Sehenswürdigkeiten:
- Es gab eine Grossstadt mit etwa 50'000 Einwohnern, die wir nicht besichtigt haben, sondern nur als Tankstopp nutzten. Da im Reiseführer stand, dass es eine Industriestadt und für das Fischen interessant sei. Also kein Interesse von unserer Seite. Danach folgten, mit viel Abstand voneinander, noch zwei Dörfer, die bei uns zu Hause gerade einen Weiler darstellen würden. Auch nichts bewegendes, dass man anhalten müsste. Ausser (Man) und Frau frieren so sehr, dass sie noch mehr warme Kleider anziehen müssen.
- Landschaftlich ist die Gegend die ersten 200km sehr flach, geht zweimal an der Meeresküste vorbei und sonst nur gelbes Weideland für Schafe und Kühe. Die letzten 100km wird es bergig mit einem Pass, der eine Höhe von 414m.ü.M. hatte. Und immer wieder waren Seen von der Strasse aus zu sehen, die mir sehr kalt schienen.
Die Strecke hatte also nicht so viel Imposantes zu bieten, wahrscheinlich weil es schlechtes Wetter war.
Die Einfahrt in Ushuaia
Als das Strassenschild nur noch 40km bis ans Ende der Welt zeigte, stieg bei mir eine riesige Freude auf. Endlich das Ende der Welt zu sehen. Nach einer langen Rechtskurve, von einem noch längeren Canyon, stand eine grosse Tafel rechts am Strassenrand auf der Stand: „Ushuaia, das Ende der Welt“. Geschafft, da sahen wir von der Erhöhung von der wir kamen, die Stadt am Fusse eines Berghangs vor uns. Ushuaia ist sehr lang gezogen. Die Aussenquartiere werden durch die Schifffahrt geprägt. Überall stehen die grossen Transportcontainer vor Lagerhallen oder sonstigen Industriegebäuden. Ich hätte nie gedacht, dass hier so viel Fracht über den Seeweg kommt. Aber es wird wahrscheinlich nur für diese Gegend die Fracht sein, denn niemand fährt seine Fracht hier unten rum, da es ja die Magellanstrasse und der Panamakanal viel weiter oben noch sind. Immer wieder schön zu sehen sind die vielen verschiedenen Farben auf den Dächern der Häuser. Ich glaube die einzige Farbe die nicht vertreten ist, ist gelb.
Wir cruisen mit unseren Motorrädern die Strasse zielgerichtet auf den Camping „La Pista del Andino“ zu. Von diesem Zeltplatz haben wir von anderen Bikern gehört, dass er am stadtnächsten und auch am schönsten sein soll. Wir finden ihn auf Anhieb. Der erste Eindruck ist auch stimmig mit den Aussagen der Leute. Eine schöne Aussicht über Ushuaia oder die Zeltfelder waren mit weinroten Lupinen umsäumt. Was will man mehr? Nachdem uns alles von Raoul, dem Manager des Zeltplatzes, gezeigt wurde, die Duschen, die Küche und der Salon, suchten wir uns einen Platz aus und bauten in schon gewohnter Routine unsere Behausung auf.
Der Hunger trieb uns auf direktem Wege ins Zentrum von Ushuaia, dass sehr auf den Seetourismus ausgelegt war. Hier konnte man alle bekannten Marken von Kleidern bis zu Elektronikartikeln zu relativ günstigen Preisen an der Einkaufsmeile erstanden werden. Aber wir hatten ja Hunger. Am erstbesten Restaurant das uns gefiel hielten wir an und gingen mit unseren dicken Motorradjacken rein. Bestellten uns heisse Sandwichs, die überall in Argentinien riesig sind und etwas zu trinken. Danach schlenderten wir die die schon erwähnte Einkaufsstrasse auf und ab, um zu sehen wo Internet, Bank und all die anderen Geschäfte sind. Zufrieden und neu gestärkt fuhren wir zu einem grossen Lebensmittelladen, um uns mit den nötigsten Esswaren für die nächsten Tage einzudecken.
Zurück im Zeltplatz schmiedeten wir im Salon unsere Pläne für die nächsten Tage.
Besuch der Sesselbahn oberhalb Ushuaia
Gaby hat im Reiseführer gelesen, dass oberhalb der Stadt ein Sessellift an den Fusse eines Gletschers bringen würde und dies wollte sie erleben.
Das Wetter ist hier unten ein extremer Spielverderber. Nicht das die Nacht schon kalt genug gewesen war, nein am Morgen regnete und windete es so stark, dass wir den ganzen Morgen im Salon verbrachten und uns die gute Laune nicht verderben liessen. Es gab genug zu schreiben oder zu lesen.
Am Nachmittag öffnete sich der Himmel und die Sonne schien mit ihrer ganzen kraft auf uns. Gaby und ich packten unsere Helme und Jacken, um gleich zum Sessellift zu fahren.
Die Fahrt zu Talstation war kürzer als sie auf der Karte schien. Dort das Motorrad abgestellt, die Helme mit dem Schloss befestigt und gleich zwei Tickets für den Lift gekauft. Beim Einsteigen wurden wir klar eingewiesen wie wir in den Sessel sitzen müssten. Denen war nicht klar, dass wir solche Lifte zu Hauff zu Hause haben und diese Fahrt nicht die erste für uns war. Die Fahrt war mit dem Blick auf die verknöcherten Bäume an den Hängen schön. Die Sicht in den Beagle-Kanal und auf Ushuaia war etwas schwierig, weil die beiden in unserem Rücken waren.
Oben angekommen springen wir von den Sesseln und erkunden in der ganzen Motorradmontur die kleine Ebene, die vor dem Gletscher war. Hinauf tapsten wir in den Motorradstiefeln dem kleinen Wildbach am Ufer entlang. Dort fällte ich die Entscheidung, dass ich es nicht bis zum Gletscher hin machen würde. Gaby sah das genau gleich, als wir sahen, wie weit es noch bis zum eisigen Vergnügen noch gehen würde. So wählten wir bei der nächsten Kreuzung den Weg zur Skihütte, die einen Steinwurf von der Endstation des Sesselliftes offen hatte. Dort verpflegten wir uns mit einem Kaffee, und gut wars.
Wer geglaubt hatte, dass ich den Hügel herunter laufen würde, der kennt mich anscheindend noch nicht. Ich hatte Gaby von Anfang an angewiesen ein Billet für rauf und runter zu kaufen. Die Sicht über den Beagle-Kanal war auf dem Sessellift auch viel besser als wenn man zu Fuss heruntergegangen wäre. Man konnte die ganze Bucht überblicken und die grossen Kreuzfahrtschiffe sehen, die in die Antarktis fuhren, im Hafen von Ushuaia lagen.
Unten angekommen haben wir überlegt ob wir noch in den Nationalpark von Feuerland fahren wollen, der wäre gerade hinter Ushuaia gelegen. Kurzum, wir fuhren dort hin. Mit dem Wissen, dass er nicht unbedingt spektakulär sein soll.
Als wir die Grenze zum Nationalpark passieren wollten, war da wieder einmal ein Zahlhäuschen und hier wurden die Ausländer richtig abgezockt. Für die Einheimischen kostete der Eintritt dreimal weniger als für uns Touristen. Wir brieten uns kurz und sagten, nein Danke, kein Interesse und drehten wieder.
Als wir zum Eingang des Nationalparks fuhren, haben wir an der rechten Seite die Eisenbahn die ans Ende der Welt fährt gesehen. Beim kleinen Bahnhof hielten wir für einen kleinen Zwischenstopp, um das ganze einmal aus der Nähe zu sehen. Eine echte Touristenattraktion, die Preise richtig gesalzen. Für die Zugfahrt musste man 66 Peso (26sFr.) Hin- und Rückfahrt kalkulieren: Dabei war aber der Eintritt in den Nationalpark von 30 Peso noch nicht inbegriffen, dieser musste noch dazu berappt werden. Das war für uns wieder zu teuer.
Wir sahen gerade die letzte Zugfahrt von diesem Tag in den Bahnhof einfahren und haben uns an diesem Ereignis erfreut. Danach schlenderten wir noch einwenig durch die Bucht um die grossen Schiffe am Hafen von nahe zu bestaunen. Diese Kolosse sind über zehn Stockwerke hoch und das ist das was man Überwasser sehen konnte. Immer wieder erstaunlich, das dieser Haufen Eisen überhaupt schwimmen kann.
Den Abend haben wir im Salon von La Pista mit einer Flasche Wein und Keksen ausklingen lassen.
Als wir an diesem Morgen aufstanden, hatten wir wieder eine kalte Nacht hinter uns. Die Sonne schien uns entgegen und der Wind hatte auch Pause gemacht. So wollten wir nach dem Frühstück zu der ältesten Estancia von ganz Feuerland fahren. Die Estancia Haberton lag knapp 90km von Ushuaia entfernt und die Hälfte dieser Strecke war noch Schotter.
Wir fuhren mit meiner Maschine an diesem Tag, da Gaby einen blauen Tag mit fahren machen wollte. Es das gleiche Tal zurück von wo wir vor zwei Tagen her kamen. Als es dann zum Pass hoch gegangen wäre, bogen wir rechts ab um die letzen 40km auf Schotter zu fahren. Die Strecke liegt zum grossen Teil im hügeligen Wald von der Talsohle. Auf einmal fährt man an einen Meerarm und verschiedene Buchten. Die Küste bleibt weiter hügelig, nur sieht man das Meer immer wieder. Nach eineinhalb Stunden Fahrt zeigt eine Tafel am Strassenrand, dass es hier rechts zur Estancia Haberton geht. Beim Abzweiger gleich rechts gefahren und nach einigen kleinen Kurven standen etwa sechs Häuser und etwa gleich viele Schuppen gleich beim Meer. Auf dem einen grossen Kiesplatz stellten Gaby und ich das Motorrad ab. Da es nur zwei Autos auf diesem Platz hatte, waren wir mit von den ersten Besuchern an diesem Tag auf der Estancia. Wir schlenderten zwischen den Häusern hindurch, gingen zum Steg und inspizierten nach einer Weile zur Kaffeestube. Dort trafen wir zwei Schweizer Senioren, die sich gerade einen Trip zu den Pinguinen gebucht hatten. Sie konnten es nicht glauben als sie mein Moped draussen mit Zürcher Nummernschild gesehen hatten. Dies wurde anscheinend auch gleich mit Bild von ihnen dokumentiert. Gaby und ich standen den beiden Senioren Rede und Antwort, wie wir die Motorräder nach Südamerika brachten und ob es schwierig gewesen sei etc.
Auf der Estancia Haberton hätte man viel über die jahrhundert alte Familientradition wie, dass das älteste Haus von der Insel hier steht, oder wo der Familienfriedhof ist und von was die Estancia heute lebt, in einem Rundgang erfahren können. Aber eben hätte. Gaby und ich sind da einwenig Kulturbanausen, wir haben es im Reiseführer nachgelesen und das Geld gespart. So gingen wir nach einer heissen Schokolade und einpaar selbstgebackenen „Guätzlis“ raus auf eine Erhöhung um die Aussicht zu geniessen. Da der Wind wieder auffrischte und am Horizont in Richtung Ushuaia Wolken aufzogen, entschieden wir uns zur Rückkehr.
Auf halben Weg der Schotterpiste hielten wir inne, um unsere selbst gemachten Sandwichs als Mittagessen zu verspeisen. Hier war ein kleiner See mit einer kleinen Bucht wo auf der einen Seite die dürren Baumstämme herausragten und im Hintergrund die Berge herunter schauten. Die Wolken waren schon bedrohlich nahe und es blies wieder fürchterlich, so dass wir unsere Sandwichs runterdrückten und etwas Wasser tranken. Es wurde einfach schrecklich kalt. Wieder alles zusammengepackt und schnell zurück nach Ushuaia. Kaum auf dem Camping angekommen, fing es wieder an zu Regnen.
Am Nachmittag richteten wir uns wieder im Salon ein um euch auf dem Laufenden zu halten. Ein Franzose mit seiner Frau hatte den gleichen Gedanken, weil bei diesem Wetter nicht viel anderes machen konnte. Wir kamen ins Gespräch, klassisch, von wo kommt ihr, wie lange seit ihr schon unterwegs, wie lange werdet ihr noch unterwegs sein, wohin wollt ihr nach Ushuaia gehen und so weiter. Während die Franzosen, die mit einem alten gelben VW-Bus (Bulli) uns von ihren Erlebnissen vorschwärmte und uns Fotos zeigten, tranken wir zusammen Wein und assen Kekse mit viel Salzanteil (die hatte sich Gaby eingebrockt). So verging der Nachmittag im Fluge.
Am Abend gingen Gaby und ich noch im El Turco was feines essen. Da gab es endlich wieder mal für Gaby feine Teigwaren und für mich das schöne grosse Stück Lomo (Rindsfilet).