Am Morgen fahren wir bei Zeiten ab, in Richtung der Hauptstadt San José. Die Strasse ist relativ gut in Schuss, sie ist geteert weist aber immer wieder lange Strecken mit riesig grossen Löchern auf, was uns eine hohe Konzentration abfordert. Bereits nach kurzer Fahrzeit setzt ein erst milder Nieselregen ein, der sich aber schneller als uns lieb ist, in einen starken Dauerregen verwandelt. Nach etwa vier Stunden Regenfahrt finden wir nach kurzer Stadtrundfahrt das Hostel, welches wir uns per Internet ausgesucht haben und sie haben auch noch ein Zimmer für uns frei. Schnell sind die Motos im gut abgeschlossenen Hinterhof geparkt und unseren ganzen Kram im kleinen Zimmerchen untergebracht. Als erstes müssen wir eine Wäscheleine quer im Zimmer spannen, denn alle Klamotten sind tropfnass. Dank dem Ventilator geht’s mit der Trocknung nicht schlecht voran. Es ist eine tolle Hostalanlage, ein schöner Swimmingpool lädt eigentlich zum planschen ein, wenn nicht das unbeständige Wetter wäre. Es regnet zeitweise immer noch, oder zumindest ist es sehr oft bewölkt und etwas kühler als in Puerto Viejo. Das liegt sicher auch an der Höhe, San José ist 1000 Meter höher gelegen.
Wir beschliessen hier zwei Tage zu bleiben und dann per Bus und Boot den Tortuguero National Park an der Karibikküste zu besuchen. Bis zu unserer Rückkehr dürfen wir die Motos und unser übriges Gepäck hier im Hostal einstellen, was natürlich sehr bequem ist.
Tortuguero National Park
Am Donnerstagmorgen fahren wir mit leichtem Gepäck in einem Taxi zum Busbahnhof Caribe Sur. Von dort geht’s per Bus während einer kapp zwei stündigen Fahrt nach Cariari. An einer anderen Busstation in Cariari kaufen wir uns ein Ticket für die Bus- und Bootsfahrt direkt nach Tortuguero. Während der Wartezeit machen wir in der brütenden Mittagshitze in Cariari einen kurzen Dorfrundgang. Kurz bleibt der Rundgang, da das Örtchen klein und es definitiv zu heiss zum spatzieren ist. Also setzen wir uns in ein ‚Soda’, so heissen die kleinen Imbissbuden hier in Costa Rica, um ein Päuschen einzulegen.
Die Busfahrt nach La Pavona ist extrem holprig, die Strasse ist streckenweise bloss ein erdiger Feldweg. Der viele Regen macht den Weg schlammig und die unzähligen Löcher werden dadurch noch tiefer ausgeschwemmt. An einer Stelle ist für den Bus kein Durchkommen mehr, so legt der Chauffeur kurzerhand den Rückwärtsgang ein uns fährt die paar Kilometer bis zur letzten Abzweigung halt rückwärts. Dank diesem Umweg dauert die Busfahrt etwas länger als die üblicherweise eineinhalb Stunden, aber das Boot wartet auf uns.
Von der Haltestelle gehen wir ein kurzes Stück zum Fluss, wo wir das kleine Boot mit zwanzig Sitzplätzen besteigen. Nun geht es in einer friedlichen Fahrt flussabwärts, durch den Regenwald, wo wir viele Tiere beobachten können. Wir geniessen die Bootsfahrt total, denn es ist absolut herrlich so durch die Wildnis zu gondeln und an jeder Ecke wieder ein neues schönes Bild der Natur einzufangen. Nach etwas mehr als einer Stunde kommen wir in Tortuguero an.
Roberto, ein Guide der auch im Boot mitfährt, möchte uns unverbindlich ein günstiges Hotel zeigen, das wir uns zeigen lassen. Der kleine Bungalow ist sehr einfach, aber sauber, also bleiben wir.
Für den nächsten Tag haben wir mit Roberto abgemacht, dass wir eine Kanufahrt am Morgen und einen Ausflug auf den nahe gelegenen Hügel am Nachmittag mit ihm mitmachen wollen.
Auf Schildkrötensuche
Sobald es eindunkelt machen Guido und ich uns mit Taschenlampen ausgerüstet auf zum Strand, der nur gerade 100 Meter von unserem Bungalow entfernt ist. Es soll hier noch einige Schildkröteneier in den Nestern am Strand haben. Mal sehen, vielleicht haben wir ja Glück und können einem kleinen Schildkrötenbaby bei seinem ersten Gang ins Meer zusehen.
Fast zwei Stunden gehen wir den unendlich langen Sandstrand in der Dunkelheit entlang. Es ist fast Vollmond, aber trotzdem brauchen wir die Taschenlampen, um nicht versehentlich einen kleinen Schlüpfling zu zertreten. Ich glaube mittlerweile nicht mehr dran, dass wir noch ein solches Naturschauspiel erleben werden, obwohl unzählige Eierschalenreste der Beweis sind, dass hier vor kurzem Schildkröten das Licht der Welt erblickt haben. Plötzlich schreit Guido, „da ist eine, komm schnell!“
Natürlich bin ich sofort zur Stellen und wir können gemeinsam das kleine Wesen auf seinem mit Hindernissen gespickten Weg zum Meer begleiten. Es ist für uns beide ein erhebender Moment, ein so winziges Tierchen ganz auf sich allein gestellt, zielstrebig seinem Weg folgen, zu sehen. Leider ist die Überlebenschance der kleinen Meeresschildkröten nicht hoch. Von 1000 Geschlüpften überlebt nur ein Einziges, bis es Erwachsen wird. Ganz schön ernüchternd.
Per Kanu durch den Park
Um 5:30 Uhr klopft Roberto am nächsten Morgen an unserer Tür und wir machen uns fertig für die Kanutour. Noch schlaftrunken gehen wir durch die sandigen Dorfwege zum Steg und müssen noch eine Weile warten, bis die ganze Gruppe, wir sind zu neunt, beisammen ist.
Bequem können wir im Kanu sitzen, während uns Roberto mit Ruderschlägen entlang des Ufers des breiten Flusses chauffiert. So früh am Morgen hören wir viele Vögel und auch Brüllaffen, die für sie typischen Geräusche von sich geben. Es ist schon taghell und die Sonne scheint unerbärmlich, was ja schön ist, aber da es windstill ist, fühlen wir uns richtiggehend wie im Backofen. Es wird sogleich angenehmer als wir in einen Seitenarm des Kanals einbiegen. Hier im Schatten des Regenwaldes sehen wir einen Otter kurz auftauchen, doch sobald er unser Kanu erblickt hat, taucht er schnellstens wieder ab. Einen Kaiman können wir beobachten, wie er genüsslich ein Sonnenbad nimmt. Gut getarnt sitzt ein Basilisk auf einer Bananenstaude und beäugt uns auch neugierig. Ein Basilisk ist eine giftgrüne Echsenart mit blauen Punkten und einer Art Kamm, den er aufstellen kann und wie blätterenden aussehen. Wir sehen viele Reiherarten und unzählige andere Vögel. Immer wieder zeigt uns Roberto Leguane, die gut getarnt auf Ästen die Sonne geniessen, und kleine Spinnenaffen, die sich geschickt durch die Bäume hangeln.
Die Zeit vergeht wie im Flug und schon bald sind wir am Steg zurück, genügend hungrig für ein ordentliches Frühstück, das hier in Costa Rica üblicherweise ’Gallo Pinto’ ist. Ein Reis-Bohnen- Gericht mit etwas fein geschnittenem Gemüse und gut gewürzt. Meistens kriegt man noch Eier dazu gereicht, sehr lecker!
Der Ausflug zum Cerro
Nach einer angenehmen Pause des morgendlichen Ausfluges und der Stärkung, fahren wir am Nachmittag mit dem Wassertaxi ein Stück flussaufwärts zum Örtchen San Fransisco, wo es einen Trampelpfad in Richtung des Cerros (Hügel) hat. Wiederum sind wir eine mehrköpfige Gruppe, diesmal mit guten Wanderschuhen ausgerüstet. Schon bald ist klar, dass wir dieses Schuhwerk auch brauchen, denn der Weg wird extrem schlammig und dadurch sehr rutschig. Nach einem kurzen Stück im Dorf, geht ein Weg direkt in den Regenwald rein. Wie auf Kommando heften sich unzählige Moskitos an unsere nackten Hautstellen, als wir das erste Mal stehen bleiben. Zum Glück haben wir Antimückenmittel dabei und gönnen uns umgehend eine gute Portion davon. Nun können wir den Aufstieg zum Hügel geniessen, natürlich immer darauf bedacht nicht im glitschigen Schlamm plötzlich auf dem Hinterteil zu landen. Auf einem verrottenden Baumstamm sitzen einige rote Giftpfeilfrösche, die wir natürlich ausgiebig bestaunen. Der Anstieg wird zum Schluss recht steil, aber belohnt uns oben mit einem schönen Ausblick über die Landzunge von Tortuguero. Auf der rechten Seite vom Fluss gesäumt und links von der starken Brandung der Karibik abgetrennt. Nach einem Weilchen nehmen wir den Rückweg unter die Füsse und sind gegen den frühen Nachmittag schon wieder im Dörfchen.
Wir geniessen die Ruhe, denn hier in Tortuguero gibt es keine Autos. Es fährt höchstens mal ein Quadt vorbei. Die Dorfbewohner bewegen sich hier natürlich auch mit Fahrrädern.
Den nächsten Tag verbringen wir mit Spatziergängen am Strand, Lesen und Faulenzen. Gegen Abend gibt’s einen Fussballmatch auf dem hiesigen Platz, das wir uns bei einem Bierchen vom Spielfeldrand aus ansehen. Danach versuchen wir nochmals unser Glück bei den Schildkröten, doch heute sehen wir keine einzige.
Am Sonntagmorgen frühstücken wir in einem kleinen Cafe, mit wunderschönem Blick auf den Fluss.
Gegen neun Uhr dreissig treten wir unsere Rückfahrt nach San José an.