Montag, 2. Juni 2008

Olympic Peninsula

Von Oregon nach Washington

Bei strahlend blauem Himmel fahren wir noch vor dem Mittag von Redmond, in Richtung Norden, los. Erst geht es ein gutes Stück auf dem Highway vorwärts. Eine Stunde später zweigen wir auf eine Nebenstrasse ab. Sie führt uns bei kühlem, aber schönem und trockenem Wetter auf schön geschwungenen Strassen vorbei an einem Skigebiet beim Mount Hood. Wir machen einen Mittagshalt und essen unsere Sandwiches während wir die Leute oben am Hang beim Skilift beobachten. Wir sind überrascht, es ist Anfangs Juni und die Lifte sind noch voll in Betrieb, aber hier ist die Temperatur ja auch noch nicht über die 10° C geklettert. Wir schwingen uns wieder in unsere Sättel und fahren ein schönes Stück dem Columbia River entlang. Bei einem Aussichtspunkt, von dem wir eine tolle Sicht nach Portland und den breiten Columbia River haben, machen wir wieder einen weiteren Halt.

Bevor wir den Fluss hinter uns lassen überqueren wir ihn über eine lange breite Brücke und schon sind wir im Staate Washington. In unserem Campingbook, dass wir in einem AAA-Büro (amerikanischer Automobil Club) bekommen haben, haben wir uns einen Campingplatz im Battle Ground Lake State Park ausgesucht. Wir finden den Platz auf Anhieb und es hat noch viele freie Plätze, die von hohen Nadelbäumen umgeben sind. Nachdem wir die Gebühr für eine Nacht in einem Couvert im dafür vorgesehenen Kasten deponiert haben, schlendern wir zum kleinen idyllisch gelegenen See. Am Ufer und auf dem Holzsteg hat es viele Hobbyfischer und sogar aus Booten wird eifrig gefischt. Am, mit Schilf bewachsenen, Ufer beobachten wir eine Entenmutter mit ihren drei Frischgeschlüpften und staunen nicht schlecht, als hoch oben am Himmel auch noch ein Weisskopfadler seine Kreise zieht. Leider wird er von einem kleineren Vogel immer wieder attackiert und so fliegt er schon bald davon.

Abends gegen sechs Uhr, gerade als wir den letzten Löffel unserer Suppe gegessen haben, beginnt es zu regnen. Ohne abzuwaschen fliehen wir ins Zelt und bleiben die nächsten 20 Stunden auch drin. Es regnet ohne Unterbruch und wir haben keine andere Wahl, denn wir wollen kein pitsch nasses Zelt einpacken und schon gar nicht im strömenden Regen weiterfahren.

Glücklicherweise bleibt unser zeltinneres grösstenteils trocken und zum Glück haben wir genügend Snacks und Hörbücher, um diese Zeit angenehm im Zelt zu gestalten.

Am nächsten Nachmittag lässt der Regen nach und wir wagen uns an den See runter, wo wir einen Spaziergang machen und uns die Beine endlich vertreten können. Als wir zurück zum Zelt kommen ist dieses schon fast trocken, so sind wir zuversichtlich morgen früh weiterfahren zu können.

Besuch beim Mt. St. Helens

In der Nacht setzt nochmals Regen ein aber am nächsten Morgen ist unser Zelt mehr oder weniger trocken, somit wir können weiterfahren. Nur für alle Fälle, beschliessen wir, uns regendicht anzuziehen, was sich als keine schlechte Entscheidung heraus stellt, denn es nieselt immerzu. Glücklicherweise bleibt uns eine richtig heftige Dusche erspart.

Wir biegen in die Strasse zum Mt. St. Helens ein und fahren die zum Teil auch kurvige Strasse entlang. Mit jedem Meter den wir höher kommen wird es immer kälter und nebliger. Wir halten bei einigen Aussichtspunkten an und versuchen immer wieder den schlafenden Vulkan zu sehen. Dieser Vulkan ist im Jahre 1980 mit einer unglaublichen Stärke ausgebrochen. Er ist der best dokumentierte Ausbruch eines Vulkans, vor allem die Regeneration der Vegetation in seinem zerstörten Gebiet. Es ist nur die Kegelansatz zusehen. Die Spitze ist heute leider hinter einer dicken grauen Nebeldecke versteckt, deshalb lässt er uns seine Form nur erahnen. Es ist spannend durch diese Gegend zu fahren, seit dem letzten Ausbruch 1980 ist der Vulkan und sein verwüstetes und sich langsam regenerierendes Umfeld als Naturschutzgebiet vom Typ eines National Monuments ausgewiesen. Wir haben noch nie so viele Nadelbäume, Stamm an Stamm stehen gesehen, die in Ihrem Wachstumstadium alle am gleichen Punkt sind. Es sieht fast wie eine Computeranimation aus. An einem Aussichtspunkt treffen wir zwei Motorradfahrer aus Georgia die gerade auf dem Nachhauseweg von Alaska sind. Wir unterhalten uns prächtig über die Ziele im hohen Norden.

Zwischenhalt in Centralia

Am Nachmittag erreichen wir den RV-Park in Centralia und werden an der Rezeption in Kenntnis gesetzt, dass sie hier keine Camper annehmen, dies sei nur ein RV-Park. Schade, dieser Platz hätte uns gefallen, zumal er günstig ist, zentral gelegen und erst noch Internet Anschluss hat. Als wir uns vor dem Office beraten wo wir nun hinfahren wollen, kommt die nette Dame von der Rezeption nochmals zu uns und berichtet, dass ihr Chef eine Ausnahme mache. Sie weist uns einen Platz auf einer Wiese gleich neben dem Toilettenhäuschen hin und es kostet uns nur 15 US$. Geniale Sache, sehr günstig und wir müssen nicht weitersuchen.

Als wir unser Zelt aufstellen, kommen einheimische Nachbarn vorbei, die uns in ihren Wohnwagen auf einen Drink einladen. Sie sagen uns, sie seien sehr neugierig was wir so zu erzählen haben. Wir nehmen die Einladung gerne an, aber zuvor gehen wir noch etwas essen. Wir finden ein vorzügliches Thairestaurant und geniessen unser Lieblingsessen.

Zurück im Campingplatz gehen wir zu Tony und CJ rüber und unterhalten uns lange mit den beiden über unsere Reise. Wir freuen uns immer wieder darüber, wie interessiert und offen die meisten Amerikaner sind.

Als wir am nächsten Morgen aufbrechen wollen, beginnt es wieder zu regnen. Schleunigst bringen wir unser Hab und Gut unters Dach bei den Toiletten. Hier warten wir geduldig bis der Regen endlich ein bisschen nachlässt. Dies geschieht kurz vor Mittag, so können wir weiterfahren können.

Sequim

Wieder gut in Regenkleider gepackt, fahren wir zumeist bei nassem verhangenem Himmel in Richtung Olympic Peninsula. Unser Ziel ist Sequim, eine Stadt im Norden dieser Halbinsel, die anders als die umliegenden Orte, viel weniger Niederschläge haben soll. Tatsächlich lässt der Regen nach, sobald wir den Ort erreichen. Es liegt zwar immer noch eine dicke dunkelgraue Wolkendecke über uns, aber zumindest sind wir mittlerweile vom Fahrtwind wieder trocken. Im Diner 101 genehmigen wir uns ein spätes Mittagessen und geniessen die angenehme 50ger Atmosphäre dieses, ja schon fast, nostalgischen Restaurants. Danach fahren wir zum Rainbow’s End RV Park, direkt am Highway 101 und stellen unser Zelt bei trockenem Wetter auf. Dieser Campingplatz ist absolut genial, es hat ein geheiztes Clubhaus mit einer gut ausgestatteten Küche, einen Fernseher mit bequemen Ohrensesseln und wireless Internet. Genau das Richtige um diese Regenwetterfront an uns vorbei ziehen zu lassen. Denn eigentlich haben wir es überhaupt nicht eilig, wir wollen ja nicht zu früh in Kanada und Alaska sein. Wir haben in den letzten Tagen, für unsere Verhältnisse, schon genug gefroren.

Eine tolle Überraschung

Beim Einkauf im Supermarkt spricht uns Michelle an, eine Schweizerin. Sie ist ursprünglich aus Schaffhausen, nun aber hier mit ihrem amerikanischen Ehemann lebt. Im Gang zwischen Pasta und Salatsauce unterhalten wir uns angeregt über alles Mögliche. Als wir uns schliesslich von einander verabschieden merken wir, dass wir fast eine Stunde geplaudert haben.

Zum Abendessen nutzen wir die tolle Küche, die ausser uns scheinbar niemand benutzt, und kochen uns was Feines.

Am nächsten Morgen, als wir aus dem Zelt kriechen, lacht uns die Sonne vom blauen Himmel entgegen. Nach dem Frühstück wollen wir deshalb die Gelegenheit nützen und die Gegend mit dem Motorrad erkunden. Doch kurz bevor wir los wollen, ziehen dunkle dicke Wolken auf und wir beschliessen erst einmal abzuwarten was das Wetter weiter macht. Da sich das Wetter nicht wirklich aufhellt, beschliessen wir es uns im Clubhaus bei einem Buch und am Computer gemütlich zu machen. Als plötzlich die Türe geöffnet wird und ein netter Herr eintritt begrüssen wir ihn, da es nach einem Camper scheint. Es ist Ron, der Ehemann von Michelle, die wir gestern im Supermarkt kennen gelernt haben. Er hat sich gedacht, er kommt mal vorbei und frage uns, ob wir zu ihnen zu Besuch kommen möchten. Ja sicher wollen wir, wir sind total überrascht und freuen uns sehr über diese spontane Einladung. Ron fährt uns zu ihnen nach Hause und überrascht damit auch Michelle, die nichts von seinem Plan geahnt hat. Sie zeigen uns ihr hübsches Haus und wir unterhalten uns über das Leben hier. Danach fahren wir zu einer Sportsbar im Ort, wo wir etwas essen und eine Runde Pool Billard spielen. Während des schönen unterhaltsamen Nachmittages laden uns die beiden ein, in ihrem Gästezimmer zu wohnen, was wir freudig und sehr dankbar annehmen. Sie bringen uns am Abend zurück zum Campingplatz, weil wir schon im Voraus für diese Nacht bezahlt haben.

Am nächsten Tag fahren wir zu ihnen rüber und dürfen in ihrem geschmackvoll eingerichteten Gästehaus einziehen.

An diesem Abend haben Michelle und Ron Gäste eingeladen, ein befreundetes Ehepaar aus der Nachbarschaft. Wir geniessen es total bei Wein und köstlichen Pickereien, draussen auf dem schönen Sitzplatz, uns mit diesen netten Leuten zu unterhalten. Die Tage, die wir bei Ron und Michelle wohnen dürfen vergehen wie im Flug. Da das Wetter einfach nicht wirklich mit Sonne rausrücken will und es zwischendurch immer wiedermal regnet, sind wir eher im Haus und vertreiben uns die Zeit mit interessanten Gesprächen und gehen auch ab und zu mal einkaufen, oder auswärts essen. Am meinem Geburtstag richten Guido und ich eine kalte Platte her und feiern zusammen mit unseren Gastgebern bis spät in die Nacht. Ron führt uns nach dem Essen in die Geheimnisse des Black Jack Spielens ein und wir haben eine fröhliche Gamblerrunde.

Als das Wetter doch einmal einwenig aufhellt packen Guido und ich die Gelegenheit und fahren nach Port Angeles, um doch wenigstens ein bisschen etwas von dieser schönen Gegend zu sehen.

Nach einigen wunderschönen Tagen, die wir sehr genossen haben, müssen wir wiedermal Abschied von unseren Gastgebern nehmen, aber wiederum mit der Gewissheit neue Freunde gefunden zu haben. Die wir hoffentlich bei uns zu Hause auch einmal zu Gast haben dürfen.