Dienstag, 17. Juli 2007

Machu Picchu

Eine Zugfahrt

Wir müssen wieder einmal früh aus den Federn. Denn der Zug nach Aguas Calientes fährt schon um 6:30 Uhr. Wir sind wie immer überpünklich. Der Zug, der schon eine halbe Stunde vor unserem abgefahren sein sollte, ist immer noch im Bahnhof. Die Schlange für den Nächsten wird immer länger. Dann gibt es wie immer Verspätung. Über eine ¾ Stunde sind es am Schluss. Dann endlich können wir in den Zug einsteigen. Das Borden ist einwenig chaotisch, weil die Türen nicht mit den Nummern auf dem Ticket markiert sind. Aber wie immer bekommt jeder seinen reservierten Sitz.

Die Zugfahrt geht quer durch die Stadt Cusco um dann den steilen Hügel hoch zu fahren. Es wird im Zickzackkurs, über Weichen gesteuert, da es keinen Platz für Kurven hat, in über einer Stunde der Hügel genommen. Hier sehen wir die Stadt von ihrer armen Seite. Die Wohnhäuser sind nicht in der hervorragenden Qualität wie im Zentrum. So rattern wir gemächlich durch die Vororte, bis wir in ein Tal einbiegen, das uns in Richtung Aguas Calientes bringt.

Die Zugstrecke windet sich auf flachen Ebenen an Fieh- und Ackerbau, an hohen Bergen, die schon schneebedeckt sind, neben rauen Flussbetten in schmalen Tälern vorbei und nach einigen Zwischenstopps bei kleinen Dörfern, wo immer noch Leute in den Zug einsteigen, in einer viereinhalbstündigen Fahrt unserem Ziel entgegen.

Aguas Calientes

Kaum sind wir mit all den Touris aus dem Sackbahnhof raus ins freie gestapft, werden wir auch schon von vielen Agenten überrannt. Die wollen uns alle für ihr Hostal begeistern und mitnehmen. Doch Gaby und ich lehnen immer dankend ab, da wir uns ja schon ein Zimmer organisiert haben. Nach einigem durchfragen finden wir unser Hostal, dass für den Preis auch passt. Da es erst Mittag ist, erfahren wir beim Touristenoffice was man den Tag über hier alles machen kann. Also beschliessen wir zuerst etwas zu essen, danach in Richtung Wasserfall auf dem Zuggeleise zu wandern. In diese Richtung kommen wir an der Brücke vorbei, wo man nach Machu Picchu hoch gehen oder auch fahren kann. Der Wasserfall hat schon unser Interesse verloren, da wir uns bei all der tropisch anmutenden Pracht auf alles andere konzentriert haben.

Am späteren Nachmittag, als wir zurück im Dorf sind, kaufen wir die Bussbillete für Machu Picchu. So müssen wir nicht im Dunkeln dort hoch laufen. Auf dem Dorfplatz erleben wir wie die einheimische Bevölkerung das Kirchenfest „Virgin de Carmen“ feiert. Die Dorfleute haben sich mit Trachten kostümiert und auf dem Dorfplatz versammelt, um dort zusammen zu musizieren und tanzen. Es wird auch eine Art „Böllerwand“ mit Massen von grossen Krachern gezündet. Diese Kracher sind meiner Meinung nach, halbe Granaten. Als die Leute merken, dass das keine „Frauenfürze“ sind, rennen sie schon fast in Panik mehrere Meter davon weg.

Nachdem Gaby und ich uns an den farbigen Kostümen satt gesehen haben, beschliessen wir kurzer Hand noch zu den heissen Quellen zu gehen. Diese Quellen haben diesem erst etwa 20 Jahre alten Dorf den Namen gegeben. Die Quellen sind in einem kleinen Tal, etwa 10 Gehminuten vom Zentrum entfernt. Dort sind vier Pools die verschieden warm, oder sogar kalt sind. Wir genossen das Bad, trotz des überfüllten Pools.

Im Dorf zurück, gehen wir nur noch raus um uns ein Abendessen zu genehmigen. Danach zieht es uns doch nochmals zum Dorfplatz, weil die Dorfbewohner immer noch tanzend und Musik spielend durch die Gassen ziehen. Unten auf dem Platz hätte es Grillspiese, Suppen und Kuchen für kleines Geld gegeben, aber leider haben wir jetzt schon gegessen. Wir geniessen noch eine Weile dieses fröhliche Treiben und gehen dann zurück in unser Hostal. Wir wollen Morgen wieder früh raus, um bei den ersten oben in Machu Picchu zu sein.

Mach Picchu

Ja und wieder einmal werden wir früh geweckt, aber wir wollen ja die Sonne über Machu Picchu aufgehen sehen, darum klingelt unser Handy schon um 05:00 Uhr. Auf dem Weg wo der Bus los fahren wird, essen Gaby und ich das gestern noch gekaufte Brot und trinken den feinen Fruchtjogurtdrink. Am unteren Ende des Dorfes angekommen, sind wir nicht die ersten. Es haben schon viele die gleiche Idee gehabt, früh aufzustehen, aber nicht alle haben Tickets am Vortag gekauft, wie wir. So steigen wir als zweite in den ersten Bus.

Oben an der Pforte von Machu Picchu stehen sicher 50 Leute vor dem Eingangs-Drehkreuz. Die sind alle früh unten abgelaufen und schon hier oben. Hut ab, da es recht steil hoch geht und das alles im Dunkeln. Pünktlich werden die Türen geöffnet und alle stürmen in den Park hinein.

Der Sonnenaufgang

Nach dem Einlass strömen alle Touris in Richtung höchstgelegenen Punkt, wo man den Postkartenanblick von Machu Picchu hat. Im halbdunkeln führt der Weg steil den ausgetrampelten Pfad hoch. Dorthin wo die Inkas ihre riesigen Terrassen gebaut hatten, um dort ihre Felder bestellen zu können. Das Licht ist noch ganz schwach, aber von der Anhöhe sehen wir die zum Teil wieder errichteten Häusermauern von Machu Picchu. Es ist atemberaubend, die Plaza in der Mitte, links davon auf einer kleinen Anhöhe die Sternwarte und die Schlafhäuser und auf der rechten Seite der Plaza die Gemäuer der Intellektuellen zusehen. Als die Sonne über den rechten Bergrücken kroch und die ganze Anlage in goldgelbe Farben erhellte, waren alle Touris hin und weg. Gaby und ich genossen den Sonnenaufgang auf den Terrassen über eine Stunde lang. Als wir uns von dem Panorama um uns herum satt gesehen hatten, spazierten wir im Uhrzeigersinn um die Anlage.

Die Wohnanlagen

Wenn man von den Feldern in die Stadt geht, passiert man das Sonnentor. Dort konnte man die Bautechnik der Inkas bestaunen. Die Steine wurden extra für den Platz in der Mauer, wo sie eingesetzt wurden, so zurecht gehauen und danach geschliffen, dass sie nahtlos und ohne einen Millimeter grossen Spalt zwischen den Steinen zu hinterlassen, aufeinander gelegt. Wir bewundern diese Handwerkskunst, die es verstanden, mit einfachsten Werkzeugen solche präzise Arbeiten zu liefern und heute noch besser Erdbeben überstehen als die moderne Baukunst der nachfolgenden Spanier.

Die Häuser, wo anscheinend nur geschlafen wurde, sind in Reih und Glied hintereinander aufgereiht. Die Schlafgemächer waren niedrig und sicher ohne grossen Komfort. Kleine Fenster, um nicht zuviel Wärme zu verlieren, ein einfaches mit Stroh und palmähnlichen Blättern bedecktes Dach und sie hatten doch schon eine Art Tür, da Verankerungen für die Türe an den Steinzargen zu sehen sind.

Sternwarte

Auf der linken Anhöhe ist die Sternwarte. Dort oben ist ein Stein, der wie ein schiefer Rombus behauen ist und die Himmelsrichtungen Nord-, Süd-, Ost- und West zeigen soll. Das sollen die Inkas via dem Sternenbild „Kreuz des Südens“, dass auf der Südhalbkugel sehr gut in der Nacht zu sehen ist, hergeleitet haben. Ich glaube nicht, dass die Inkas die Himmelsrichtungen, so wie wir sie jetzt kennen, schon kannten. Daneben hat es viele kleine in den Steinboden gehauene Mulden. Diese Mulden wurden mit Wasser gefüllt, um so die Sterne besser beobachten zu können, dass nimmt man heute zumindest an.

Der grosse Festplatz

Nachdem wir die Sternwarte gesehen haben, bewundern wir die Treppenbaukunst. Die einen Treppen auf der Talseite von der Sternwarte führen zu Terrassen. Diese Treppen führen, so scheint es, ins nichts. Sie enden einfach ohne eine richtige Abschrankung. Dass war damals und ist auch heute noch, richtig gefährlich. Wir gehen aber auf dem sicheren Weg zum Festplatz. Dort wurden Feste und Zeremonien abgehalten, aber auch das tägliche Leben spielte sich dort ab. Gaby und ich machen dort eine Pause, essen unsere mitgebrachten Früchte und trinken was dazu. Das wäre strengstens Verboten, aber wir und alle anderen um uns herum kümmern uns wenig darum. Man kann ja eine solch grosse Anlage nicht ohne Wasser anschauen.

Als wir uns wieder fit genug fühlen, gehen wir zum Weg der auf den Huayna Picchu hochführt. Das ist der hohe Berg neben Machu Picchu, von dem man eine wunderschöne Aussicht auf die alte Inkastadt geniessen kann. Dieser würden wir gerne hochgehen, aber es dürfen nur 400 Leute am Tag hoch und als wir dort an der Pforte stehen ist das Kontingent für diesen Tag schon aufgebraucht. Ok, dann halt nicht.

Die Gebäude der Weisen

Gaby und ich gehen noch zu den letzten Gebäudeteilen. Dort sollen die Weisen in ihren Bibliotheken die Ratssitzungen sowie Schulungen abgehalten haben. Hier stehen auch spezielle Häuser, die wohl ein Dach haben, aber eine ganze Wandseite ist offen. Gegenüber dieser Häuser sind wieder ganze Steinwände wo riesige Sitze oder Zeremonientische aus dem Stein gehauen worden sind. Die Arbeiten der Steinmetze müssen Jahre gedauert haben, da die ja noch keinen Elektromeisel gehabt haben. Interessant ist, dass die Gebäude der Weisen voneinander durch eine Steinmauer in zwei Sektoren getrennt sind. Warum das so ist, habe ich nicht herausgefunden.

Auf zum Ausgang

Als wir die Aussicht im Wohnteil der Weisen besucht hatten und nach fast acht Stunden herumwandern, haben es Gaby und ich gesehen. Nachdem wir noch den Sonnentempel und den so genannten Condor angeschaut hatten, schlendern wir gemütlich und zufrieden in Richtung Ausgang. Auf den Terrassen sehen wir ein letztes mal zurück, auf diese ehrfürchtige Inkastadt.

Die Rückfahrt nach Cusco

Wir sind gut in der Zeit. Unser Zug fährt erst um vier Uhr. So können wir gemütlich noch auf dem Dorfplatz in einem Restaurant das Mittagessen geniessen. Als es dann Zeit wird zum Bahnhof zu gehen, schlendern wir auch hier in Aguas Calientes ein letztes Mal durch die Gassen.

Beim Bahnhof erfahren wir, dass die Bauern die Gleise irgendwo besetzen wollen und unser Zug nun eine halbe Stunde früher abfahren würde. Zum Glück sind wir zeitig hier. Bis aber der Zug endlich abfährt, ist es schon eine viertel Stunde später, als er wirklich hätte abfahren müssen.

Die Fahrt dauert ewig. Der Zug fährt viel langsamer als bei der Hinfahrt. Ok, man kann die Landschaft nochmals geniessen. Aber als die Nacht herein gebrochen ist, ist es nur noch dunkel. Ein Touristenführer rät uns auch in Poroi, eine Station vor Cusco auszusteigen und mit dem Colectivobus in die Stadt zu fahren. Der Zug hätte von dort aus nochmals eine ganze Stunde und mit dem Bus sind es keine 20 Minuten und es würde nur fünf Soles pro Person kosten. Diese 10 Soles haben wir gerne bezahlt, sonst hätten wir eine Zugfahrt von über sechs Stunden gehabt, anstatt der vier ein halb.

Glücklich über den verlebten Tag kommen wir in unserem Hostal wieder an und bekommen wieder das gleiche Zimmer. Die Motorräder sind immer noch am gleichen Ort, wo wir sie abgestellt hatten.

Wir nehmen uns nochmals einen Tag frei, um am darauf folgenden Tag nach Nasca fahren zu können.