Nach der Nacht in Trevelin war die Enttäuschung gross, über diese Superreisemaschinen aus Bayern. Wir glaubten es einfach nicht, dass diese Dinger nach so kurzer Gebrauchszeit schon solche Probleme machen konnten. Ok, Karins und Götzs BMW 650er GS hatten schon etwa 80'000 km auf dem Buckel, aber dass wir mit Gabys Maschine schon nach knapp 20'000 km Probleme hatten, dass konnten wir einfach nicht verkraften.
Ich sagte zu Gaby, dass wir schnellstmöglich nach Mendoza kommen mussten. Denn da war einer der vier BMW Vertretungen in Argentinien. Dort werden Sie geholfen. Ich plante diese 1400 km lange Strecke in drei Tage auf. Gaby war einverstanden. Ich glaubte an einen Wackelkontakt bei Gabys Maschine und so würden wir diese Strecke mehr oder weniger hin bekommen.
So starteten wir den Tag mit Geduld üben. Die Maschine sprang nach etwa 20 Minuten an. Katja und Martin begleiteten uns bis nach Bariloche. Das Wetter war einfach ne Wucht. Zwischen kleinen Wolkenfetzen fuhren wir die ganze Zeit an der Sonne. Bei einer Pause konnten wir noch wilde dicke Brombeeren direkt vom Strauch in den Mund pflücken. Hier in diesem gebirgigen Tal fuhren alle gerne, weil es uns an die schweizer Berge erinnerte. Wir hatten nur noch eine Strecke von etwa 100 km bis nach Bariloche vor uns. Passierten das kleine Städtchen El Bolson. Kurz dachte ich darüber nach hier die Nacht zu verbringen. Aber diese blöde Elektronik von Gabys Motorrad trieb mich weiter. So durchfuhren wir weiter dieses Tal. Nach einer lang gezogenen Rechtskurve spürte ich am Hinterrad ein kurzes aber heftiges Rucken, als hätte jemand einen Ast hinten ins Rad gehalten. Ich hoffte, dass nichts Schlimmes passiert war. Auf der Tacho-Anzeige blinkte wie wild mein ABS-Zeichen. Gaby sagte mir durch den Funk, dass ich etwas verloren hätte. Das heisst nichts Gutes, dachte ich für mich und versuchte ohne gross auf die Bremse zu treten an zu halten. Martin fuhr neben mich und ich meinte nur zu ihm, lass es bitte nur die Bremsscheibe sein. Er schaute völlig entsetzt, nein du hast die Bremszange verloren und sie hängt in den Speichen.
Alle stiegen ab und schauten den Schaden an. Es sah so aus als wäre die Bremszange zwischen Kardangehäuse und dem Rad in die Speichen gedrückt worden. Entweder waren die Schrauben von der Bremszange nicht angezogen oder zu fest angezogen und dabei wurde der Aluträger zerstört. Es gab keinen Reim, was wirklich der Auslöser war. Jedenfalls hatte ich sieben Speichen weniger und keine Hinterradbremse mehr. Ersatzspeichen wollte ich in Mendoza kaufen. Wir flickten das Rad mit Speichen von meinem Rad, indem wir die ‚heilen’ gut verteilten, und fuhren zurück nach El Bolson. Auch Karin und Götz die wieder zu uns gestossen waren kamen mit. Gleich beim ersten Campingplatz stiegen wir ab.
Glück im Unglück hatten wir auf dem Campingplatz, es hatte ein drahtloses Netzwerk (Wlan), so konnten alle mal im Netz ihre Emails checken und über Skype telefonieren. Gabys Motorrad wollte tags drauf nicht mehr anspringen. Wir telefonierten mit der BMW Helpline Deutschland wie wir dieses Problem einfach lösen können. Sie werden nicht glücklich mit der defekten Ringantenne, sie müssen eine neue kaufen, meinte der nette Herr am anderen Ende der Leitung. Wir können ihnen die Adresse vom argentinischen Importeur durchgeben, meinte der Herr am Telefon noch. Kaufen, wir haben noch Garantie auf diese verdammte Maschine und kaufen, wo, dass wissen wir schon, in Mendoza, nur schlappe 1000 km von hier.
Wir spielten verschiedene Szenarien durch, wie wir beide defekten Maschinen in eine offizielle Werkstatt bringen könnten.
Tags drauf versuchten wir es ein zweites Mal, diesmal über die schweizer Helpline. Diese Dame konnte nichts anderes tun als uns mit der Helpline von Deutschland zu verbinden. Warum nicht, dachten wir alle. Nützt nichts, so schadet es auch nicht. Ich erklärte diesem netten Herrn unsere Situation wieder. Er hatte nicht viel mehr auf Lager als der am Tag zuvor. Ich wollte wissen ob ich den Deckel von der Antenne aufmachen könnte und hineinsehen, vielleicht sehen wir dann an was es liegt. Als ich diesen Plastikdeckel öffnete, ging der so einfach ab, dass ich gleich wusste, dass hier ein Schweissfehler vorlag. Dies teilte ich auch gleich dem BMW-Heini am Telefon mit. Es drang Wasser in diese Dose ein. Diese war auch zuwenig mit einem Gel ausgegossen worden, das die Elektronik vor eben solchen Schäden hätte schützen sollen. An einem Eck hatte sich somit das Wasser, der letzten Tage, gesammelt, dass durch den schlecht geschweissten Deckelrand eingedrungen war. Ich wollte von ihm wissen ob er den Schaltplan hätte und mir so die verbrannten Widerstände durchgeben könnte. Leider hatte er diesen Plan nicht und der konnte nicht nachfragen, weil es eben Freitagabend sei. Aber er werde mit seinen Kollegen am Montag eine Lösung für uns suchen und diese uns per Email mitteilen. Die andere Variante wäre, meine Ringantenne ausbauen und so zur Reparaturstelle fahren. Das wollte ich nicht. Ok, dachten wir. Machen wir mein Hinterrad in dieser Zeit wieder fitt.
Es war wie verhext, es wollte einfach nicht laufen wie wir es uns vorgestellt hatten. Wir wollten hier nur friedlich Motorrad fahren und nichts mehr. Aber alles brach gerade jetzt über uns zusammen.
Martin war sehr hilfsbereit und suchte mit mir im Dorf nach Ersatzspeichen. Natürlich konnte ich nicht Originalspeichen finden, die hätte ich von Buenos Aires schicken lassen müssen, aber das wollte ich nicht. Wir fanden bei einem Fahrradhändler Speichen die in der Länge gut waren. Diese passten wir noch an schraubten sie in die Felge und Nabe ein. Es funktionierte gut. Für die Bremse liessen wir eine Hülse drehen, um wenigstens das Hinterradbremssystem sauber schliessen zu können.
Am Montag hatte der BMW-Heini nicht zurück geschrieben, so telefonierten wir wieder mit Europa und verlangten nach dem Heini, aber er war nicht da. Er komme in zwei Tagen wieder. Super Problemlösung, ich hasse dieses Weltreise-Motorrad, schweiss Werbung von denen. Kauf nie ein Bike, dass nicht mehr als fünf Händler in einem Land hat und kauf kein Bike das eine hohe Dichte an Elektronik drin hat.
Also beschlossen wir alle gemeinsam meine Ringantenne auszubauen und so, mit nur einer, nach Mendoza zu kommen. Martin und ich bauten bei meinem Bike die halbe Gabel aus um an die Gabelbrücke mit dem Schloss und Ringantenne zu kommen. Nach einem Tag Arbeit hatten wir die Antenne draussen. Und tatsächlich konnten wir so bei einem Motorrad die Antenne anstecken, die Kontrollprüfung des Schlüssels abwarten, dann das Motorrad starten, die Antenne ausziehen und das andere Motorrad starten.
Nachdem alle alles an ihren Motorrädern repariert und wieder zusammengeschraubt hatten, fuhren wir die 100 km nach Bariloche, wo wir alle wieder auf dem gleichen Camping landeten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen