Dienstag, 16. Oktober 2007

Taganga

Im Laufe des Tages machen wir uns auf den Weg in Richtung Santa Martha, gleich dahinter in einer Bucht ist Taganga. Taganga ist ein kleines Fischerdörfchen und soll ein ganz netter Ort sein.

Die Strecke beträgt nur 240Km und führt uns teilweise auf einer schön ausgebauten Küstenstrasse entlang. Die Fahrt können wir bei schönstem und richtig heissem Wetter zurücklegen. Auf dem Weg kommen wir in Barranquilla, einer weiteren Stadt direkt am Meer, vorbei. Glücklicherweise hat es eine Umfahrungsstrasse und wir müssen nicht mitten durch die grosse Stadt fahren.

Nach etwa vier Stunden erreichen wir Santa Marta, dass wir durchqueren müssen, um nach Taganga abbiegen zu können. An einer Baustelle müssen wir neben einem Bahnübergang anhalten und ein Bauarbeiter fragt uns, wo wir hin wollen. Als wir ihm unser Ziel nennen weist er uns den Weg über die Bahnschienen und danach einen Hügel hinauf. Wir fahren diesen Weg, denken uns aber, dass dies sicher der Falsche ist. Erst als sich die Strasse um einen Hügel windet und danach die Aussicht auf eine kleine Bucht mit einem darin eingenisteten Dörfchen freigibt, sind wir sicher, auf dem richtigen Weg zu sein.

Schnell finden wir das Hostal das wir uns ausgesucht haben, doch auf dem Weg dahin sehen wir hinter einem Zaun einen Mann bei einer Africa Twin stehen, der uns zuwinkt.

Wir entscheiden uns kurzerhand zurück zu fahren und mit diesem Mann einwenig zu plaudern. Es ist Andy, ein Österreicher, der zusammen mit seiner Frau Claudia auch vom Süden her kommend unterwegs ist.

Das Hostal ‚MoraMar’ scheint ganz gemütlich zu sein und so quartieren wir uns auch da ein. Ein weiteres Motorrad, sogar eines mit Anhänger, steht auch noch auf dem Garagenplatz. Die Besitzer sind ein holländisches Seniorenpaar, das auch schon ein Weilchen unterwegs ist. Noch bevor wir unsere Motos parkiert haben, bleibt auf der Strasse vor dem Hostal ein Mann stehen und sagt in breiten Berndeutsch, „das gibt’s doch nicht, Zürcher hier!?!“ Es ist Urs, ein Berner, der schon einige Jahre hier in Taganga wohnt. Er lädt uns auf ein Bier zu sich nach Hause ein. Wir sollen einfach vorbeikommen er sei daheim, meint er zu uns.

Nach einem interessanten Schwätzchen mit Andy, Claudia und den Holländern, nehmen wir endlich die verdiente Dusche und ziehen uns was Luftiges an.

Zu Besuch bei Urs

Danach schlendern wir zu Urs, der gleich um die Ecke in einem kleinen Häuschen wohnt.

Wir sitzen mit ihm und seiner Schwester Esti, die grade aus der Schweiz zu Besuch ist, im Garten und plaudern bei ein paar kühlen Bieren miteinander über diese Gegend.Bis in den frühen Abend hinein sitzen wir gemütlich beisammen, dann plagt Guido und mich der Hunger, wir haben seit dem Frühstück nichts mehr gegessen und möchten endlich etwas zu beissen.

Urs begleitet uns an den Strand runter, wo wir vor einem Hotel Nicoles Auto sehen. Das gibt’s doch nicht, so ein Zufall wieder! Nicole ist soeben angekommen, sie hat die östliche Route von Bogotá aus eingeschlagen und ist nun auch hier in Taganga gelandet, so cool!

Zusammen mit Urs setzen wir uns in die nette Creperie, direkt am Strand und essen etwas.

Für den nächsten Abend lädt uns Urs zu sich nach Hause zum Abendessen ein, sein Mitbewohner, Juan, mache ausgezeichnetes Gulasch. Wir freuen uns schon drauf.

Am nächsten Morgen verabschieden wir uns zuerst von den Holländern, die nach Medellin aufbrechen und danach auch von Andy und Claudia, die nach Cartagena fahren wollen.

Später schlendern Guido und ich im Dörfchen umher und treffen Nicole beim Kaffeetrinken in der Creperie. Etwas später kommt Urs des Weges entlang und erzählt uns dass er seine Schwester gleich im Taxi zum Flughafen begleitet, sie fliegt zurück nach Hause.

Guido und ich können im Taxi mitfahren und in Santa Marta aussteigen, damit wir in ein Internet Cafe gehen können. Später treffen wir uns im Supermarkt, wo Juan fürs Abendessen einkaufen ist und fahren im Taxi gemeinsam zurück nach Taganga.

Komplette Planänderung

Im Internet Cafe versuchen wir wieder die Stahlrattencrew zu erreichen und schaffen es endlich, den Kapitän, Ludwig, ans Telefon zu bekommen. Was er uns jetzt mitteilt, stellt uns vor eine schwierige Entscheidung.

Die Stahlratte läuft Übermorgen, Freitag dem 19. Oktober, vorerst zum letzten Mal nach Panama aus. Danach geht Ludwig für vier Monate auf Urlaub. Ob der nachfolgende Kapitän in der Zwischenzeit die Route zwischen Kolumbien und Panama weiter fährt, ist nicht sicher. Sicher ist aber, dass bis Mitte November erstmal gar nichts mehr geht.

Guido und ich besprechen die Situation und werden uns, trotz Bedauern, schnell einig, dass wir diese letzte Gelegenheit wahrnehmen wollen. Wir wollen unsere Motos auf einem grossen Schiff transportieren und dafür bietet sich momentan nur die Stahlratte an.

Eigentlich wollten wir noch zwei bis drei Wochen in Kolumbien bleiben und zusammen mit Nicole den ‚Cabo de la Vela’ besuchen. Das ist ein Fleckchen an der Küste, das ganz weit östlich liegt und nur über eine Sandpiste erreicht werden kann. Auch den Nationalpark Tairona, der ganz in der Nähe von Taganga ist, wollten wir uns noch anschauen. Aber was soll’s, die Überfahrt mit dem grossen Segelschiff ist uns jetzt halt wichtiger.

Wir rufen Kapitän Ludwig nochmals an und buchen die Überfahrt, die vier bis fünf Tage dauern wird und uns an den Karibik-Inselchen vom San Blas-Archipel vorbeiführen wird.

Gulasch und Bündnerfleisch

Am späten Nachmittag gehen wir mit Nicole und Filou zusammen zu Urs. Dort geniessen wir Juans sehr feines Gulasch, das er für uns gekocht hat.

Natürlich erzählen wir allen, dass wir nun schon morgen wieder zurück nach Cartagena fahren werden, um rechzeitig für das Auslaufen der Stahlratte vor Ort zu sein.

Urs meint es sei sehr schade, dass wir nicht länger in Taganga bleiben und so nicht einmal den National Park Tairona besuchen können. Tja, was sollt man muss manchmal eben Prioritäten setzen.

Später am Abend packt Urs noch ein grosses Stück Bündnerfleisch aus. Dieses hat ihm seine Schwester aus der Schweiz mitgebracht. Wir sollen uns bedienen, er habe das eh nicht so gern! Wir geniessen natürlich jeden Bissen, denn es ist schon zu lange her, dass wir so etwas Feines bekommen haben.

Nach dem friedlichen Abend, den wir sehr genossen haben, verabschieden wir uns von allen, einschliesslich Nicole mit der Gewissheit, sie irgendwo in Zentralamerika wieder zu sehen.

Von Taganga nach Cartagena zurück

Am nächsten Morgen machen wir uns bei Zeiten auf den Rückweg nach Cartagena. Wir geniessen die Fahrt wiederum bei super sonnigem Wetter und sehr wenig Verkehr, in vollem Bewusstsein, dass dies die letzte Fahrt auf südamerikanischem Boden ist.

Gegen zwei Uhr am Nachmittag erreichen wir den Yachthafen in Cartagena. Doch zuerst fahren wir zum Zoll-Büro und geben unsere temporären Einfuhrpapiere der Motorräder ab. Denn heute verlassen die Bikes kolumbianischen Boden, wir werden sie gleich anschliessend auf die Stahlratte verladen.

Das Auflanden der Motorräder

Am Holzsteg lernen wir Ludwig, der zusammen mit Donato im Dingi an den Steg gefahren ist, kennen. Gleich zu Beginn teilt uns Ludwig mit, dass sich der Abfahrtstermin noch ein wenig verzögern wird, es könne schon Sonntag werden bis es losgehe. Er lädt uns deshalb ein, jetzt bereits auf der Stahlratte Quartier zu beziehen, da wir extra so schnell hierher gefahren sind. Dieses Angebot nehmen wir natürlich sehr gerne an.

Jetzt müssen aber erst die Motos rüber auf die Stahlratte und das von dem Holzsteg aus, an dem wir vor ein paar Tagen ein amüsantes Schauspiel miterleben durften. Eine Gruppe von ca. 15 Mädchen haben sich auf der rechten Seite auf den äusserten Teil des Stegs gestellt und urplötzlich bricht der vordere Holzpfeiler ein. Alle auf dem Steg kreischen und eine der Mädchen ist bis zu den Hüften nass geworden. Das gibt Guido und mir schon ein mulmiges Gefühl, gegenüber diesem Holzsteg.

Zuerst laden wir die Motorräder alles Gepäck ab und bringen dieses an Bord der ‚Ratte’. Mittlerweile sind weitere Crewmitglieder eingetroffen, um beim Verladen der Motorräder zu helfen. Es sind Sven, Andreas und Denise. Die fünf Männer machen sich gleich daran Guido’s Adventure in das Dingi zu hieven, zuerst das Hinterteil und dann noch dass Vorderrad. Schwupps, das geht ja ganz gut und schnell von statten. Im Dingi setzt sich Guido auf sein Bike und fährt so, wie auf einem Wasserscooter, zur Stahlratte rüber. Ich bleibe zusammen mit Denise an Land bei meinem Motorrad.

Schon nach kurzer Zeit sind die Männer zurück und bereit die zweite Maschine ins Dingi zu heben. Diesmal fahren auch Denise und ich mit rüber. Alle ausser Ludwig und Guido, der wieder auf dem Moto sitzt, steigen auf der Steuerbordseite der Stahlratte aufs Schiff. Danach lenkt Ludwig das Dingi zur Backbordseite. Ich kann vom oberen Deck aus beobachten, wie sie meine Maschine geschickt an die Seile knüpfen, um sie dann per Flaschenzug über die Reling an Bord zu hieven.

Das ist vielleicht ein abenteuerliches Unterfangen, aber alles geht wie geschmiert, man merkt gut, dass die Crew, das nicht zum ersten Mal macht.

Nach kurzer Zeit sind beide Maschinen sicher an Bord verzurrt. Wir können uns entspannen und uns langsam aber sicher mit dem Gedanken anfreunden, Südamerika zu verlassen und nach Mittelamerika aufzubrechen.